AEOLUS


Dies ist die Internet-Präsenz des 6,3 to. Tourenkreuzers AEOLUS Typ "Frisia" der Bauwerft Abeking und Rassmussen, Baujahr 1923.

Das Schiff wurde von mir zwischen 2006 und 2008 einer kompletten Restaurierung (ca. 4500 Stunden) unterzogen.

AEOLUS

Der nachfolgende Artikel wurde im "Klassiker", dem Magazin des Freundeskreises Klassischer Yachten FKY veröffentlicht:

Was mit einer Tasse Tee begann

Das Geschehen, was die nächsten Jahre meines Lebens verändern sollte, begann recht harmlos an einem Nachmittag im Frühjahr 2002. Eine gute Freundin bat mich zu einer Tasse Tee. Im Laufe des Gespräches, das um viele Dinge kreiste, erzählte sie unter anderem von einer alten Segelyacht, die sie vor 6 Jahren ebenfalls von einer guten Freundin erhalten hatte. Seit diesem Zeitpunkt läge das Schiff bei einer kleinen Bootswerft in der Lübecker Bucht. Eine begonnene Restaurierung war nach anderthalb Jahren ergebnislos abgebrochen worden. Sie selbst hatte nur wenig Ahnung von der Materie Holzboot und nach einer Anzahl stattlicher Rechnungen und keinem erkennbaren Baufortschritt wurde beschlossen, dass Projekt zunächst für anfänglich ein Jahr auszusetzen. Nun lag das Schiff auf und der aktuelle Zustand war nicht bekannt. Ihren Aussagen zur folge handelte es sich um ein Holzschiff unbekannten Alters, ca. 10 m lang und wohl bei einer Werft in Lemwerder gebaut.

Ich segelte zwar schon seit meinem sechsten Lebensjahr und hatte zahlreiche Jollenklassen durchwandert. Auch zählten ein gaffelgetakelter 15er-Jollenkreuzer (P5, Meerkatze) und ein stählerner 20er zu meinen Schiffen. Ein seegehendes Schiffe hatte ich aber noch nie besessen. So war mein Interesse geweckt und ich wollte die Yacht nach Möglichkeit gern einmal besichtigen, wohl wissend, dass ich mir so etwas nie würde leisten können.
Das Gespräch war jedoch bald vergessen. Der Sommer war warm und ich genoss gelegentliche Ausfahrten in einem offenen ehemaligen Geländewagen der Bundeswehr. Besagte Freundin bat mich eines Tages, mich auf einer dieser Fahrten begleiten zu dürfen und schlug als Fahrtziel eben jenen kleinen Hafen vor, in dem die AEOLUS, so der mittlerweile bekannte Name, seit Jahren lag. Am Schiff erwartete uns der Eigentümer der Werft und in der letzten Ecke des Hofes stand ein weißer Rumpf, dessen elegante Linien unter schmutzig-grauen Planen versteckt, aber doch zu erahnen waren.
Das Teakdeck war stark verwittert und von den ebenfalls aus Teak bestehenden Holzteile des Aufbaus war nahezu der gesamte Klarlack abgeblättert. Auch hier war somit grau der bestimmende Farbton. Eine besondere Überraschung war die Entdeckung des hinteren Mastfußes; somit war klar, das es sich um eine Yawl handelte!
Wo einst die Plicht saß, klaffte ein gähnender Krater und gab den Blick ins Schiffsinnere frei. Plicht, Schott, Pantry und Hundekoje waren förmlich herausgerissen worden, die verbleibenden Innenausbauteile aus Mahagoni befanden sich in beklagenswerten Zustand. Bisher verbautes Geld und Baufortschritt standen meines Erachtens in keinem Verhältnis und trugen zur vollständigen Unterkühlung des Verhältnisses von Eignerin und Werftbesitzer bei.
Schnell war klar, dass hier noch sehr umfangreiche Instandsetzungsarbeiten erforderlich waren, um das Schiff in einen angemessenen Zustand zu versetzen.



Wieder wurde es ruhig um die Yacht bis im Oktober das Telefon klingelte. Ob ich mir zutrauen würde, die Arbeiten am Schiff fortzusetzen? Nichts ahnend beantwortete ich die Frage mit ja und war nur Minuten später der neue Eigner der AEOLUS.
Yachttransporteur und Kran waren schnell organisiert und schon wenige Wochen später standen 10 m Holz in Yachtform mit diversen Lackanhaftungen auf dem Hof des elterlichen Hauses.  Als Weihnachtsgeschenk erhielt ich noch einen Ordner mit Unterlagen zum Schiff, aus denen hervorging, dass es sich um eine Frisia von A&R handeln musste. Auch lagen noch Kopien der Baupläne des Schiffstyps bei. Über Baujahr und Identität des Schiffes gab der Ordner keinen Aufschluss, zumal auch am Schiff eine Bauplakette fehlte.
  
Die nächsten drei Jahre vergingen mit dem Schmieden von Plänen und dem Anstellen von Nachforschungen zur Identität des Bootes. A&R baute in der Zeit von 1920 bis 1924 insgesamt fünf Frisia´s. Ein Teil der Schwesterschiffe konnte ausgeschlossen werden, da diese eine Gaffeltakelung aufwiesen. Schließlich kamen nur noch zwei Baunummern aus den Jahren 1923 und 1924 in Frage. Endgültig geklärt wurde die Identität erst deutlich später nach Entfernen  einer Türlaibung. Hier stand in altertümlich anmutender Schrift die Nummer 1791.

Der Typ Frisia verfügt bei einer Rumpflänge von 9,89 m , einer Breite von 2,34 m und 1,40 m über die klassische Innenraumaufteilung der damaligen Zeit: im Salon zwei Kojen, dahinter eine Hundekoje und die obligatorische Pantry. Hinter dem geschlossenen Schott zum Vorschiff eine Rohrkoje für den bezahlten Mann. Die Auslegung als Yawl ließ ein optisch gefälliges Schiff entstehen, dass zahlreiche Möglichkeiten zur Anpassung der Segelfläche an die Windverhältnisse zuließ. Mit einer Standardsegelfläche von 52 m³ war sie angemessen getakelt.

AEOLUS verließ die Werfthallen von A&R im Jahr 1923 und hörte zunächst auf den Namen HAI, wohl in Anlehnung an den Auftraggeber Dr. Heimann aus Berlin. Im Gegensatz zu einigen Schwesterschiffen war sie noch nicht mit einem Motor ausgerüstet. Über die Geschichte des Schiffes ist bis 1949 nichts bekannt. Durch Recherche im Yachtsportarchiv erfuhr ich, dass schließlich Herr Kopperschmidt aus Hamburg das Schiff erwarb und es als RAJA IV unter dem Stander des NRV segelte. Durch erneuten Eignerwechsel gelangte es schließlich in die Hand von Herrn Böning, einen begeisterten Segler aus Hamburg. Seine Segelbegeisterung führten die jetzt auf den Namen AEOLUS getaufte Yacht schon früh nach Oslo, Stockholm und Gotland. Böning selbst verstarb 1968 auf einem seiner Törns auf dem Schiff, welches nun in den Besitz seiner Tochter überging und dort bis 1996 mit Heimathafen Niendorf verblieb. Die Eignerin folgte der Tradition ihres Vaters und die AEOLUS gastierte in vielen Ostseehäfen.

Wie bei vielen anderen Schiffe auch, so veränderte sich im Lauf der Zeit auch hier das Aussehen. Die wohl markanteste Änderung ergab sich durch den Einbau eines OM636-Motors, der die Schwimmwasserlinie nicht gerade positiv beeinflusste. Da ohne Motor zur Welt gekommen, war hier der Kiel etwas länger ausgefallen, als bei den motorisierten Schwestern. Zudem ist die Frisia im Heckbereich schlank geraten, sodass selbst der zur Zeit verbaute Yanmar-Zweizylinder eigentlich noch deutlich zu schwer ist. Komplettiert wurden die äußeren Veränderungen durch den Ersatz des abgesegelten Mastes durch ein Kastenprofil, die Montage von Bug- und Heckkorb nebst entsprechender Seereeling und die Belegung des Kajütdaches mit Teak. Der Mast stand fortan auf Deck und gab im Schiffsinneren den Weg ins Vorschiff frei.

Schon bevor das Schiff auf dem Hof stand, war ich fest entschlossen, möglichst das Erscheinungsbild von 1923 wieder herzustellen. Im Rahmen dieser Überlegungen wurden in 2004 und 2005 eine Anzahl Bootsbauer befragt, lieferten aber keine schlüssigen Aussagen zu Art und Umfang der auszuführenden Arbeiten.
Da ich mittlerweile die Substanz des Schiffes halbwegs zu kennen glaubte, wurde klar, dass nur eine Totalrestaurierung zu einem befriedigenden Ergebnis führen würde und sicherstellen kann, dass nicht jedes Jahr aufs neue umfangreiche Arbeiten anstehen würden.

Wieder kam der Zufall jetzt sogar in doppelter Weise zur Hilfe: zum einen vermittelte ein Freund den Kontakt zu einem Bootsbauer, dem der Werkstoff Holz nicht gänzlich fremd war. Zum anderen entdeckte ich über das Internet das wohl einzige noch existierende Schwesterschiff, die ursprünglich Seeadler genannte Baunummer 2014 aus 1924. Diese lag seit den 50er Jahren am Bodensee und die Eignerin erlaubte mir großzügig, die bei der Entkernung der AELOLUS verloren gegangenen Innenausbauten zu vermessen, sodass einem exakten Nachbau nichts mehr im Wege stand.

Im Mai 2006 begannen schließlich unter einem einfachen Planendach eben jene Arbeiten, die all denen gut bekannt sind, die ein vergleichbares Holzboot restauriert haben.
Die Aeolus wurde in Kompositbauweise erstellt. Lärcheplanken wurden auf Spanten aus Stahl und Eiche genietet.
Anfang der 90er-Jahre war das mittlerweile rotte Kielholz und die unteren drei Gänge der Lärchenbeplankung gewechselt worden. Leider wurden dabei die Füße der Eichespanten zerbohrt, sodass zunächst eine Anzahl von Spantfüßen neu lamelliert und eingepasst werden mussten bevor die gesandstrahlten und frisch verzinkten Bodenwrangen ihren Platz wieder einnehmen konnten. Im Rahmen dieser Arbeiten und in Vorbereitung der Sanierung der Stahlspanten erfolgte nun die vollständige Entkernung des Rumpfes. An den Stahlspanten hatten sich zwischen Spant und Holz teilweise deutliche Rostschichten gebildet. Die Vernietung hielt im Holz nur noch durch Rost; die Nietköpfe waren überwiegend abgebaut. Von Vorteil erwies sich die Eigenschaft der Lärche, relativ beständig gegen Rost zu sein. So wurden nahezu alle Nietlöcher nur ausgebohrt und Propfen eingeleimt. Alle Stahlspanten konnten gerettet werden, wurden gestrahlt und verzinkt und mit V4A-Schloßschrauben eingesetzt.

Immer wieder stießen wir auf unzulänglich ausgeführte Arbeiten der eingangs genannten Bootswerft. Dies fand seinen Höhepunkt schließlich im Herbst 2006 mit Erreichen des Vorstevens. Eine nur wenige Zentimeter im Durchmesser dunkle Stelle im Stevenholz setzte dem Stecheisen keinen Widerstand entgegen: Trockenfäule! Es half nichts, der Steven wurde großzügig geöffnet und das Ende der Fäule gesucht. Diese war schon vorher durch eben jene Werft erkannt worden, jedoch hatte man einfach nur die Vorderkante des Holzes abgeschnitten, die völlig dünn gerosteten Stahlbolzen großzügig in Epoxy eingepackt, eine Eichenleiste vorgeblendet und angeglichen. Nun musste alles rausgeschnitten werden. Ein Stück 300 Jahre alte Krummeiche aus dem Lübecker Forst, diverse Eichen- und Mahagonilamellen bildeten einen würdigen Ersatz. Die Plankenenden wurden angeschäftet und so der Steven wieder hergestellt.
Mittlerweile war es Winter, Arbeiten unter dem Zeltdach waren nur noch an schönen Tagen möglich, so dass wir uns der Erneuerung des Kajütdaches widmen konnten. Im Verlauf der letzten Jahrzehnte betrachtete der Eigner es als Gewinn, dass mit Leinen bespannte Kajütdach mit Teakstäben zu belegen. Diese Teakstäbe wurden mit mehreren hundert (!) Messingschrauben von untern verschraubt und das ganze Machwerk mit Resopalplatten belegt! Nach Entfernung dieser Resopalplatten, der Messingschrauben und des Teakbelages blieb ein vollständig perforiertes Kajütdach zurück, dessen Instandsetzung unmöglich war und welches ersetzt werden musste.

Erstmals mussten nun in Abmessung und Profil identische Leisten aus Carolinapine gefertigt werden. Nach etwas Übung gelang dies recht gut. Die gewonnenen Erfahrungen ermöglichten später die Anfertigung von entsprechenden Lärchen- und Mahagonileisten für die Schottwände.

Das 85 Jahre alte und stark vergraute Teakholz des Aufbaus überraschte nach dem Schleifen durch nahezu neues Aussehen. Nur wenige verschlossene Bohrlöcher und Verfärbungen lassen das Alter des Holzes erahnen.

Mittlerweile waren wir nahezu ein Jahr am Werk. Die durch die immer wieder auftretenden Entdeckungen von Mängeln entstandenen Durststrecken ließen zur Steigerung der Motivation die Idee reifen, zum 85. Geburtstag mit der AEOLUS an der German-Classics 2008 in Laboe teilnehmen zu wollen. Dieses Ziel weckte von nun an regelmäßig unsere Kräfte, wenn wir wieder einmal glaubten, es ginge nicht so recht weiter. 

Im August 2007 war der Rumpf endlich durchsaniert und es begannen die ersten Lackierarbeiten und das erste Schott konnte gestellt werden. Das Schott zum Vorschiff war nicht mehr zu retten. Zerbohrt und ausgeschnitten blieb nur der Neubau. Überrascht waren wir schon beim Ausbau, da die Schotten teilweise am Rumpf mit eisernen Nägeln befestigt waren. Diese waren nach Jahrzehnten Salzwasserkontakt stark korrodiert und zogen das Mahagoni der anderen Schotten in Mitleidenschaft. Also wurden auch hier neue Hölzer erforderlich. Da aber möglichst viel des alten Materials wieder verbaut werden sollte, fand das alte Mahagoni schließlich im Bereich von Plicht und Motorraum Verwendung.

Der nahezu täglich sichtbare Fortschritt motivierte unglaublich.
Während das Schiff im Inneren von vorne nach achtern immer weiter komplettiert wurde, war es an der Zeit, sich Gedanken über die zu verbauende Technik zu machen. Die Anzahl der Motor- und Navigationsinstrumente sollte auf das notwendigste beschränkt bleiben und sich möglichst harmonisch einfügen.
Als Motor kam ein kam ein Yanmar QM20H zum Einsatz, der zwar schon nahezu dreißig Jahre alte war, diese aber fast vollständig in konserviertem Zustand unter einer Werkbank abgestanden hatte und der sich bei einer Teilzerlegung in neuwertigem Zustand präsentierte. Der Zugang hierzu wurde nun erstmals durch eine im Boden der selbstlenzenden Plicht angebrachte Wartungsluke maßgeblich erleichtert. Ein 60 Liter fassender Nirosta-Kraftstoffbehälter verschafft eine ausreichende Reichweite.

Leider wurde immer deutlicher, dass der geplante Termin  des zweiten Stapellaufs im Frühjahr auf keinen Fall zu halten war. AEOLUS lag mittlerweile dreizehn Jahre an Land und war natürlich stark ausgetrocknet. Auch mit ständigem nasshalten der Planken im inneren verbesserte sich die Situation nicht. Neben dem Wunsch, die German-Classics mitzusegeln war es auch noch die Idee, die verbleibende restliche Segelsaison zu nutzen, um wenigstens das Schiff noch für zwei Monate im Wasser wieder quellen zu lassen, damit das Holz seinen natürlichen Feuchtigkeitsgehalt wieder erlangt. Im darauf folgenden Frühjahr könnte dann die Außenhaut nachgeglättet werden und würde in 2009 dann nur noch wenig arbeiten.

So wurde der 15. August als der große Tag fest ins Auge gefasst und schon einmal Kran und Tieflader bestellt, um die 50 km bis zur Küste zu überwinden. Die Arbeitstage wurden in den letzten Wochen immer länger und wurden eigentlich nur noch durch Schlafpausen unterbrochen.
Endlich war es soweit. An einem regnerischen Tag erschienen mittags Kran und Tieflader. Da der Kran deutlich größer als bestellt ausfiel, wurde noch eben schnell ein Baum ausgeastet und die Verladetätigkeit konnte unter reger Anteilnahme der Nachbarschaft beginnen.
Kaum in Kiel angekommen, begann die Entladung. Freunde standen mit Sektgläsern bereit, um den großen Augenblick gebührend zu würdigen.
Mit der Berührung der Wasseroberfläche schwand die gute Laune des Eigners zusehends, schien sich doch ein Fiasko anzubahnen: zwar hatten wir uns große Mühe gegeben, alle Nähte des Unterwasserschiffes sorgfältig zu dichten, doch waren die letzten zwei Wochen vor dem Stapellauf noch einmal sehr trocken, sodass sich eine Anzahl kleiner Risse im Dichtmaterial gebildet hatte und schlagartig recht viel Wasser in das Schiff eindrang. Die Lenzpumpe und eine eilig aus dem Baumarkt beschaffte Tauchpumpe konnten AEOLUS nicht lenz halten. Eine weitere Tauchpumpe musste her. Die Stimmung meiner Frau war vollends im Eimer. Schien sie sich mittlerweile daran gewöhnt zu haben, mich kaum noch zu sehen, so hatte sie aus lauter Verzweiflung einen Urlaub gebucht. Jetzt wurde auch ihr klar, dass ich auch die letzte Nacht vor ihrem Abflug nicht bei ihr sondern beim Schiff sein werde.
Stattdessen versuchte ich im Lärm der Pumpen ein wenig zu schlafen und wurde stündlich vom Wecker aus dem Halbschlaf gerissen um die Pumpen zu kontrollieren. Beleuchtet wurde die Szenerie durch einen wunderschönen Vollmond über der Hafeneinfahrt. Trotzdem hatte ich mir den „großen Augenblick“ und die erste Nacht an Bord ganz anders vorgestellt.
Zum Glück ebbte schon nach wenigen Stunden der Wassereinbruch deutlich ab und ich konnte es wagen, ein festes Bett aufzusuchen.
Am nächsten Tag konnte in die Box verlegt werden, nach drei Tagen war das Schiff absolut trocken. Nach einer Woche erfolgte der erste Probeschlag. Die Mühen aus zweieinhalb Jahren Arbeit und ca. 4500 investierten Arbeitsstunden schienen fast vergessen, als uns eine leichte Brise über die Kieler Förde schob.
Der erste Schlag nach Kappeln stimmte nun auch meine Frau versöhnlich. Die German-Classics fielen für uns wegen des schlechten Wetters bedauerlicherweise völlig ins Wasser: es regnete in Strömen und es gelang mir nicht, meiner Mannschaft die Notwendigkeit der Teilnahme glaubhaft zu versichern.

Als sichtbaren vorläufigen Abschlusspunkt der Restaurierung wurde von uns das Sachverständigengutachten des U. Baykowski gewertet, welches den in 2006 eingeschlagenen Weg als richtig darstellte und mit den Worten schloss: „Die A&R Yacht „AEOLUS“ wurde fachgerecht unter Einsatz von hochwertigen Materialien restauriert, wobei größter Wert auf Originalgetreue gelegt wurde“.

Die Rechnung, das Schiff in 2008 noch zu Wasser zubringen, ging auf. Eine Reihe von Kinderkrankheiten und Unzulänglichkeiten tauchte auf und konnte umgehend bzw. nach dem Aufslippen Mitte Oktober beseitigt werden. Im Unterwasserbereich hatte das quellende Holz die Dichtmasse aus den Nähten gedrückt und ermöglichte nun eine dauerhaftere Abdichtung. Leider drang durch eine unsaubere Bootsbauerarbeit nach dem motoren immer wieder Wasser zwischen Stevenrohr und Holz in das Schiff. Das Loch für das Stevenrohr war durch zweimaliges Bohren nun deutlich oval und wurde nicht vergossen.

Beim Abslippen im April 2009 war AEOLUS nun endlich auch so dicht, wie ich es mir schon 2008 gewünscht hätte. 
Da meine Frau vor der AEOLUS noch keinen Kontakt zur Segelei hatte, sammelten wir in 2009 zahlreiche Erfahrungen mit dem Schiff.
Die Segeleigenschaften der Yacht sind verlässlich, bergen keine Überraschungen in sich und schaffen ein solides Vertrauensfundament.
Die ca. 50 m² Segelfläche bringen bei einer Windstärke die 6,3 to erwartungsgemäß kaum in Fahrt. Ab zwei Windstärken beginnt sie gut zu laufen und legt sich bei drei Windstärken zügig auf die Seite (2,34 m Breite eben). Ab 4 Beaufort muss zunächst der Besan aufgetucht werden, danach wird das Groß gerefft. 6,5 – 7 kn werden auf dem GPS erreicht.

Um die Pflege des Schiffes zu erleichtern, wurde eine Ganzpersenning angefertigt und als nächstes Projekt wird die Herstellung des exakten Segelplanes, so wie ihn Henry Rassmussen einst entwarf, angestrebt. Dies beinhaltet unter anderem die Herstellung des Großmastes nach alten Formen und wird uns wohl noch ein wenig beschäftigen.

Zahlreiche Tages- und Wochenendtouren sowie ein Urlaubstörn in die Schlei, nach Als und Aero bescherten wunderbare Stunden an Bord und machten aus der Konkurrentin meiner Frau (so ihre damalige Sichtweise) ein echtes Familienmitglied, dass wirklich niemand mehr missen möchte. Die Teilnahme an der German-Classics wurde in 2009 nachgeholt und stellt einen persönlichen Höhepunkt der Segelsaison dar.

Hätte ich als dies bei der Tasse Tee im Frühjahr 2002 geahnt?!

Der auf einigen Photos zu erkennende -als Kastenprofil ausgeführte- Mast mußte nach einem Unfall mit einem Paketdienst-Fahrzeug im Jahr 2011 ersetzt werden. Es wurde ein nach Original-Plänen erstellter Holzmast gefertigt, der nun auch wieder die ursprüngliche Länge aufweist und mit Backstagen ausgerüstet ist.
Hierzu passend erhielt das Schiff im Frühjahr 2018 neue Segel in zeitgenössischem Design.


Share by: